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Allgemeine Informationen und Aktuelles zum Erbrecht
Erbrechtliche Begriffe
1. Erbe
a) Begriffserklärung
Die Person, die als Erbe bezeichnet wird, wird Rechtsnachfolger des Verstorben. Dies bedeutet, dass der Erbe stets in alle Rechte und Pflichten der verstorbenen Person eintritt.
Damit hat der Erbe oder die Erben stets den Zugriff auf das gesamte Vermögen des Verstorbenen, den Nachlass.
Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Erben auch alle Rechte am Nachlass haben. Die Erben folgen somit vollkommen uneingeschränkt in alle Rechtspositionen nach und können das Vermögen des Verstorbenen ohne jede Einschränkung nutzen.
b) Gesetzlicher Erbe – berufener Erbe
Wenn eine Person ohne Testament verstirbt, ordnet das Gesetz an, wer Erbe wird. Dies können eine oder mehrere Personen sein. Das Gesetz legt sowohl die Reihenfolge als auch die so genannte Erbquote, d.h. die Beteiligung am Nachlassvermögen, an.
Im Rahmen einer letztwilligen Verfügung, sei es als Testament, sei es als Erbvertrag, kann die Entscheidung getroffen werden, welcher Personenkreis oder welche einzelne Person Erbe werden soll.
Je nach dem, wie eine Person Erbe wird unterscheidet man deshalb
– den gesetzlichen Erben – Erlangung der Erbenstellung durch das Gesetz und
– den berufenen Erben – Erlangung der Erbenstellung durch letztwillige Verfügung
2. Schicksal des Nachlassvermögens
a) Aufteilung des Nachlasses
Bei mehreren Erben muss das Nachlassvermögen aufgeteilt werden.
Hierfür erforderlich ist ein Teilungsplan, den die Erben untereinander verhandeln müssen.
Die Zustimmung zu einem Teilungsplan kann auch eingeklagt werden.
Sobald alle Erben mit dem Teilungsplan einverstanden sind, kann der Nachlass dann auseinandergesetzt werden, d. h. der Nachlass wird aufgeteilt.
b) Folgen der Teilung
Nach dieser Aufteilung fällt der anteilige Nachlass bei den einzelnen Erben in deren eigenes Vermögen. Es findet also eine Verschmelzung des geerbten Vermögens und des eigenen Vermögens statt. Folge hieraus ist, dass ein einheitliches Vermögen bei den Erben entsteht, in dem das vorherige eigene Vermögen der Erben und das geerbte Vermögen zu einer Einheit werden.
Diese Folge ist deshalb wichtig, weil die Haftung der Erben für eventuelle Verbindlichkeiten aus dem Nachlass sich dann auch auf das eigene private Vermögen, unabhängig vom geerbten Vermögen, erstreckt.
In der Folge haften die Erben dann also auch mit ihrem Privatvermögen.
Wenn dies nicht gewollt ist, gibt es Möglichkeiten, diese Folge der Haftung mit dem persönlichen Vermögen auszuschließen bzw. zu vermeiden.
c) Alleinerbfolge
Gleiches gilt bei einer Alleinerbfolge: Das Vermögen des Verstorbenen, der Nachlass, verschmilzt mit dem Vermögen der Erben zu einer einheitlichen Vermögensmasse.
Hierdurch vergrößert sich also das Vermögen des Alleinerben.
In dem Fall, in dem ein Ehegatte den anderen beerbt, wird dessen Vermögen also größer. Weitere Folge ist, dass dann bei Versterben, dieses länger lebenden Ehegatten also sich dessen Vermögen vergrößert hat. Es besteht aus dem ursprünglichen eigenen Vermögen des Ehegatten und dem durch die Erbfolge erlangten Vermögen des Ehegatten.
Es wird dann aber nicht mehr zwischen diesen Vermögenskomponenten unterschieden. Juristisch handelt es sich um ein einheitliches Vermögen.
Dies bedeutet, dass die Ansprüche der gesetzlichen Erben und der damit verbundenen Pflichtteilsansprüche (siehe unten) sich auf dieses gesamte, vergrößerte Vermögen beziehen.
Je nach familiärer Situation, vor allem wenn das Ziel besteht Pflichtteilsansprüche zu verkleinern, kann es relevant, diese Rechtsfolge zu verhindern.
d) Erbengemeinschaft-Struktur
Bis zur Teilung des Nachlassvermögens bildet letzteres eine einheitliche, gesonderte Vermögensmasse, den Nachlass.
Zum Nachlass gehören alle Vermögensgegenstände, Güter und Rechte der verstorbenen Person.
Wenn mehrere Personen Erben geworden sind (egal ob durch gesetzliche Erbfolge oder durch ein Testament) fällt die Verwaltung des Nachlassvermögens allen Erben gemeinsam zu. Man spricht von einem so genannten Gesamthandsvermögen. Das bedeutet, dass im Grundsatz kein Erbe alleine Zugriff auf den Nachlass nehmen darf, sondern alle Verfügung von allen Erben gemeinsam vorgenommen werden müssen.
Beispielsweise müssen alle Banküberweisungen von sämtlichen Erben unterschrieben werden. Eventuelle Verträge müssen ebenfalls von allen Erben unterschrieben werden, gleiches gilt für die Beendigung von Verträgen durch Kündigung.
Ein Erbe allein ist also nicht befugt, irgendwelche Entscheidungen zu treffen und diese in die Tat umzusetzen.
Bei mehreren Erben kann diese gesetzliche Vorgabe in der Handhabung außerordentlich sperrig sein. Deshalb kann es durchaus Sinn machen, dass im Rahmen einer Erbengemeinschaft einer der Erben bevollmächtigt wird, für die Erbengemeinschaft zu handeln.
Wenn es eine solche Vollmacht nicht gibt, müssen zwingend alle Erben immer gemeinsam handeln.
Aufgrund dieser Besonderheiten, kann es gerade bei Spannungen zwischen den Beteiligten einer Erbengemeinschaft in der Verwaltung zu Schwierigkeiten kommen.
Je nach persönlicher Lebenssituation, kann es deshalb Sinn machen, die möglicherweise eintretenden Konflikte, durch entsprechende testamentarische Gestaltungen zu vermeiden.
Eine dieser Instrumente ist die Testamentsvollstreckung. Der Testamentsvollstrecker kann stets alleine handeln als eine Art gesetzlicher Nachlassverwalter, Weiteres siehe unten.
e) Verwaltung des Nachlasses
Bei der Verwaltung des Nachlasses sind drei unterschiedliche Bereiche zu unterscheiden:
aa) Ordnungsgemäße Verwaltung
Hierunter fallen alle Tätigkeiten der laufenden Verwaltung, wie beispielsweise die Bezahlung von Rechnungen oder die Pflege von Nachlassgegenständen.
Aber:
Es muss immer unterschieden werden zwischen der konkreten Handlung, beispielsweise Überweisung einer Rechnung und der vorherigen Entscheidung der Erbengemeinschaft.
Es ist also kein Erbe befugt eine solche Maßnahme alleine ohne Abstimmung mit den Mitgliedern der Erbengemeinschaft vorzunehmen. Dies ist unzulässig.
Eine Erbengemeinschaft muss also in einem ersten Schritt einen Beschluss fassen, welche Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung durchgeführt wird. In einem zweiten Schritt muss diese Verwaltungsmaßnahme ausgeführt werden.
Etwas anderes gilt nur, wenn die Erbengemeinschaft einem der Miterben hierfür eine Vollmacht erteilt.
Bei mehreren Mitgliedern einer Erbengemeinschaft genügt für Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung die einfache Mehrheit.
Hinweis:
Wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einer Immobilie besteht, ist deren Veräußerung keine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung, es liegt dann eine sog. außerordentliche Verwaltung vor.
bb) Außerordentliche Verwaltung
Grundsätzlich müssen alle Entscheidungen hier einstimmig getroffen werden.
Es handelt sich beispielsweise um den Verkauf eines Grundstücks, wenn dies der wesentliche Nachlass ist, Einreichung von Klagen oder Erklärungen im Zusammenhang mit einer Grundbuchberichtigung.
cc) Notgeschäftsführung
In Notlagen, beispielsweise Sturmschaden an einem Hausdach, darf jeder Miterbe selbstverständlich die notwendige Maßnahme einleiten. Es ist dann keine Abstimmung im Vorfeld erforderlich.
dd) Besonderheit bei Forderungen
Wenn der Erbengemeinschaft noch Forderungen zustehen, gibt es jedoch eine Besonderheit: Ein Miterbe darf solche Forderungen tatsächlich ohne vorherige Abstimmung mit seinen Geschwistern durchsetzen, soweit er verlangt, dass die Erfüllung der Forderung an die Erbengemeinschaft erfolgt und nicht an ihn alleine.
3. Pflichtteilsrecht
a) Pflichtteilsanspruch und Umfang des Pflichtteilsanspruchs
Bestimmten Personen, insbesondere Ehegatten und Kindern, steht nach dem Gesetz ein Pflichtteilsanspruch zu. Selbst wenn diese Personen erbrechtlich nicht bedacht werden, haben sie einen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses. Es handelt sich um einen sofort fälligen Zahlungsanspruch. Die Pflichtteilsberechtigten haben also keinen Zugriff auf den Nachlass. Sie können aber Auskunft zum Bestand des Nachlasses verlangen, um so ihren Pflichtteil berechnen zu können. Nach der Auskunftserteilung kann dann der Pflichtteilsanspruch als Zahlung geltend gemacht werden.
Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs richtet sich nach dem gesetzlichen Erbrecht. Der Pflichtteilsanspruch ist stets die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
b) Besonderheit bei der Erbfolge von Ehegatten
In der Konstellation, dass Kinder Pflichtteilsansprüche gegen die Eltern realisieren, ist stets Folgendes zu beachten: Bei Versterben des ersten Elternteils richtet sich der Pflichtteilsanspruch gegen dessen Vermögen. Soweit der länger lebende Ehegatte Alleinerbe geworden ist, verschmilzt das restliche Vermögen des verstorbenen Ehegatten mit dem Vermögen des länger lebenden Ehegatten. Im zweiten Erbfall haben die Kinder erneut einen Pflichtteilsanspruch. Dieser bezieht sich dann auf die verbundene Vermögensmasse. Somit partizipieren die Kinder am Vermögen des zuerst Verstorbenen sogar zweimal.
Im Übrigen ist stets zu beachten, dass sich der Pflichtteilsanspruch nach Versterben des ersten Ehegatten erhöht. Dies bedeutet, dass die Pflichtteilsquote ansteigt, da einer der für das gesetzliche Erbrecht maßgeblichen Beteiligten, nämlich der Ehegatte, bereits verstorben ist und deshalb bei der Berechnung außer Betracht bleibt.
Dies kann zu extrem hohen Belastungen mit Pflichtteilsansprüchen führen.
c) Hinweis
Zu beachten ist aber, dass es sich um Pflichtteilsrecht handelt. Dies bedeutet, dass die betroffenen Personen ihre Pflichtteilsansprüche geltend machen können, aber nicht müssen.
d) Verjährung
Außerdem unterliegt der Pflichtteilsanspruch der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre. Fristbeginn ist das Ende des Kalenderjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Bei minderjährigen Kindern beginnt die Frist der Pflichtteilsverjährung jedoch erst mit dem 21. Lebensjahr zu laufen.
4. Gestaltungsmöglichkeiten
a) Erbeinsetzung
Im Rahmen eines Testamentes oder einer anderen letztwilligen Verfügung wird bestimmt, wer Erbe werden soll.
Ein Testament kann sich darauf beschränken, nur die Personen, die Erbe werden, zu benennen.
In diesem Fall richtet sich der Anteil am Erbe, also die Größe des Erbteils, nach dem Gesetz.
b) Ersatzerben
Es kann außerdem Vorsorge dafür getroffen werden, was mit dem Vermögen geschieht, wenn einer der berufenen Erben vorverstirbt oder das Erbe nicht antritt.
Wenn gewünscht wird, dass dann andere Personen Erben werden sollen, kann dies im Rahmen des Testamentes vorgesehen werden. Solche Personen nennt man Ersatz erben.
c) Vermächtnis
Es besteht die Möglichkeit, bestimmten Personen einzelne Vermögensgegenstände zuzuordnen. Diese Zuordnung kann erfolgen, ohne dass die Person Erben werden. Das hierfür geeignete Instrument ist das Vermächtnis. Dies bedeutet, dass die begünstigte Person, also der Vermächtnisnehmer, einen eigenen Anspruch gegen den Nachlass auf Übereignung des Vermächtnisgegenstandes hat.
Ein Vermächtnis kann sich auf Immobilien, bewegliche Gegenstände oder Geldvermögen beziehen, ebenso auch auf Rechte.
d) Herausgabevermächtnis
Eine besondere Form des Vermächtnisses ist das so genannte Herausgabevermächtnis.
Das bedeutet, dass das Vermögen zunächst einem bestimmten Erben zugewandt wird. Ein einzelner Vermögensgegenstand wird aus dem Vermögen herausgegriffen und als Vermächtnis einer anderen Person zugewandt.
Gleichzeitig wird der Zeitpunkt, zu dem der Gegenstand des Vermächtnisses herauszugeben ist, bestimmt. Deshalb nennt man diese Konstruktion Herausgabevermächtnis.
Eine besondere Form des Herausgabevermächtnisses ist es, den Herausgabezeitpunkt auf den Tag des Versterbens des Erben festzusetzen.
In der Konsequenz erhält der Erbe also den Vermächtnisgegenstand. Beispielsweise die Immobilie.
Er kann diese nutzen und nach eigenem Gutdünken über diesen Gegenstand verfügen.
Der Erbe unterliegt zwar einigen Begrenzungen, jedoch können diese im Gestaltungswege gelöst werden.
Stirbt der Erbe, somit also der länger lebende Ehegatte, ist dies der Tag, an dem der Herausgabeanspruch des Begünstigten entsteht.
Der Vermächtnisgegenstand, beispielsweise die Immobilie, muss dann an den Begünstigten, den Vermächtnisnehmer, herausgegeben werden.
Effekt ist, dass bei entsprechender Buchhaltung eine Trennung der Vermögensmassen erreicht werden kann. Wichtig ist, zu beachten, dass der Erbe nicht verpflichtet ist eine solche Trennung organisatorisch vorzunehmen.
Wenn man sich zu einer solchen Gestaltung entscheidet, muss also in jedem Fall dann auch die Organisation des Vermögens angepasst werden. Ansonsten sind die in der Regel mit dieser Gestaltung gewollten Effekte nicht erreichbar. Es gehört also eine gewisse Organisation und Disziplin zu dieser Gestaltung, die von den Erben verlangt werden sollte. Insbesondere muss der Nachlass und der Umfang eines solchen Herausgabevermächtnisses bzw. dessen Gegenstandes, gut dokumentiert werden.
In der Folge entstehen Pflichtteilsansprüche dann nur an dem Vermögen, das nicht im Wege eines Herausgabevermächtnisses herauszugeben ist. Diese Rechtslage ist derzeit jedoch nicht eindeutig gesichert.
Es gibt keine Garantie, dass in einer solchen Konstellation die Gegenstände des Herausgabevermächtnisses tatsächlich wie Verbindlichkeiten vom Vermögen abgezogen werden dürfen. Dies bedeutet, dass für die Frage, ob eine solche Gestaltung tatsächlich effektiv Pflichtteilsansprüche reduziert oder nicht, derzeit keine rechtssichere Aussage getroffen werden kann.
Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Herausgabezeitpunkt das Versterben des berufenen Erben ist.
e) Nießbrauch
Der Nießbraucher hat die Befugnis, einen Vermögensgegenstand unter Ausschluss des Eigentümers ganz und gar für sich alleine zu nutzen.
Diese Benutzungsbefugnis wird im Grundbuch abgesichert. Hierbei sollte eine erstrangige Eintragung erfolgen. Nur ein erstrangiger Grundbucheintrag stellt einen maximalen Schutz des Nießbrauchsrechts dar.
Der Nießbraucher hat nicht nur die Befugnis, dieses Recht durch die eigene Nutzung zu Wohnzwecken auszuüben sondern ist auch befugt, das Anwesen zu vermieten und den Mietzins einzubehalten.
Regelmäßig wird ein Nießbrauch dann so gestaltet, dass sämtliche Kosten des Immobilienobjektes vom Nießbraucher bezahlt werden. Konsequenz ist, dass der Nießbraucher beispielsweise bei der eigenen Einkommenssteuererklärung Handwerkerleistungen steuerlich geltend machen kann.
Es sind selbstverständlich auch andere Konstellationen möglich und denkbar, jedoch ist dies die typische Gestaltung. Das Nießbrauchsrecht erlischt mit Versterben des Nießbrauchsberechtigten.
f) Vorerbschaft-Nacherbschaft
Die Vermögensnachfolge kann über mehrere Generationen hinweg durch eine Vorerbschaft-Nacherbschaft geregelt werden. Dies bedeutet, dass das Geldvermögen zunächst einer bestimmten Person zugewandt wird. Dieses Vermögen steht dieser Person dann zur Verfügung. Allerdings kann diese Person erbrechtlich nicht über dieses Vermögen verfügen. Durch die Einsetzung der Nacherben ist geregelt, welche Personen bei Versterben des Vorerben das Vermögen erhalten werden und sollen.
Für die Position des Vorerben wie auch betreffend der Rechte des Nacherbens gibt es dezidierte rechtliche Vorschriften.
Üblicherweise darf der Vorerbe lediglich die Früchte des ihm als Vorerbe überantworteten Vermögens nutzen.
Beispiel:
Im Fall der Zuwendung von Geldvermögen würde dies bedeuten, dass die Zinsen zwar vom Vorerben genutzt werden dürften, jedoch darf der Stamm des Vermögens, also das eigentliche Kapital, nicht angegriffen werden.
Der Vorerbe unterliegt im Übrigen weitgehenden Buchführungspflichten, Auskunfts-ansprüchen etc. .
Gleichwohl sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Position als befreiter Vorerbe vor.
Ein befreiter Vorerbe hat die Befugnis nicht nur die Erträge des Vermögens zu verwerten oder dadurch gewährte Nutzungsmöglichkeiten auszuschöpfen; der befreite Vorerbe kann auch den sog. Stamm des Vermögens verwerten. Beispielsweise kann beim Kontoguthaben das Guthaben selbst in Anspruch genommen werden.
Wichtig ist außerdem, dass der Vorerbe das ihm zugewandte Vermögen getrennt erhalten muss. Es darf also keine Vermischung mit eigenem Kontoguthaben erfolgen. Außerdem darf der Vorerbe, der das Vermögen verwaltet und die Früchte, ggf. auch den Vermögensstamm, für seine Belange verwenden darf, keinesfalls Schenkungen vornehmen. Hierdurch wird der Erhalt des Vermögens auch vor missbräuchlichen Verfügungen gesichert.
Erbrechtlich ist die Besonderheit, dass bei Versterben des Vorerben und Weitergabe des Vermögens an den Nacherben, es sich nicht um eine Zuwendung des Vorerben handelt.
Beispiel:
Bei Versterben der Ehefrau wird der Ehemann zum Vorerben berufen, die Tochter zur Nacherbin, der Sohn wird erbrechtlich nicht bedacht.
Folgen:
Das Vermögen der Mutter wird zu einem Sondervermögen, das vom Vater verwaltet wird. Einen Teil des Vermögens darf der Vater auch nutzen. Bei Versterben des Vaters fällt dieses Sondervermögen an die Tochter.
Erbrechtlich erwirbt die Tochter allerdings kein Vermögen von ihrem Vater, sondern ein Vermögen von ihrer Mutter.
Pflichtteilsrechtliche Konsequenz:
Im ersten Erbfall hat der Sohn einen Anspruch auf ein Pflichtteil (siehe oben). Bei Versterben des Vaters hat der Sohn jedoch keinen Pflichtteilsanspruch mehr, soweit es sich um das Sondervermögen der zuerst verstorbenen Mutter handelt. Denn die Tochter erwirbt bei dieser Konstruktion erbrechtlich betrachtet das Vermögen direkt von ihrer Mutter, so dass der Pflichtteilsanspruch des Sohnes kein zweites Mal entstehen kann. Ein Pflichtteilsanspruch des Sohnes würde in dieser Variante nur entstehen, wenn auch der Vater die Tochter zur Alleinerbin eingesetzt hat. Der Pflichtteilsanspruch würde sich dann aber nur auf das Vermögen des Vaters beziehen. Das Vermögen der Mutter bleibt außer Betracht.
Steuerrechtlich verhält sich die Situation anders:
Aus Sicht des Finanzamtes erwirbt die Tochter bei Versterben des Vaters ein einheitliches Vermögen, das sich auf dem eigenen Vermögen des Vaters und dem der Nacherbschaft unterliegenden Vermögensanteil errechnet. Steuerrechtlich wird also das Vermögen des Vaters zu einem einheitlichen Vermögen zusammengefasst.
Unter Umständen kann dies zu erbschaftssteuerlichen Belastungen führen.
g) Alleinerbe/Schlusserbe
In einem Testament kann auch festgelegt werden, in welcher Reihenfolge Personen Erben sollen. Die Erbfolge wird über zwei Generationen hinweg festgelegt.
Im Gegensatz zur Vorerb-Nacherbfolge, bei der das Vermögen des Versterbenden zu einem Sondervermögen wird, liegt der Alleinerb-Schlusserbfolge eine andere Konstruktion zugrunde.
Zunächst wird eine Person zum unumschränkten Alleinerben.
Das Vermögen des Versterbenden, des Erblassers, verschmilzt mit dem Vermögen des Alleinerben zu einer Einheit.
Nach Versterben dieses Alleinerben rückt dann eine andere Person in die Erbfolge nach.
Diese ist der Schlusserbe.
Der Schlusserbe erhält nur so viel, wie sich im Nachlass des Alleinerben noch wiederfindet.
Insoweit findet diese Konstruktion fast ausschließlich im Bereich von Ehegattentestamenten Anwendung.
Erbrechtlich erbt der Schlusserbe also von dem vorhergehenden Alleinerben.
Dies gilt auch steuerrechtlich.
h) Pflichtteilsstrafklausel
In Berliner Testamenten setzen sich regelmäßig die Ehegatten zu Alleinerben ein und bestimmen darüber hinaus, dass alle oder einzelne Abkömmlinge Schlusserben werden sollen.
Vor dem Hintergrund der pflichtteilsrechtlichen Probleme wird zusätzlich regelmäßig eine Pflichtteilsstrafklausel aufgenommen.
Hierunter versteht man, dass derjenige Abkömmling, der bei Versterben des ersten Elternteils sein Pflichtteil geltend macht, auch beim Versterben des zweiten Elternteils lediglich den Pflichtteil erhalten soll.
Hiermit will man die Geltendmachung des Pflichtteils im ersten Erbfall unattraktiv machen. Eine Sicherheit, dass Pflichtteile nicht geltend gemacht werden, stellt die Pflichtteilsstrafklausel jedoch nicht dar.
i) Teilungsanordnung – Erbeinsetzung nach Bruchteilen
Erbrechtlich besteht nicht nur die Möglichkeit, die Person der Erben zu berufen, sondern auch die Möglichkeit, eine Aufteilung des Vermögens innerhalb einer letztwilligen Verfügung vorzunehmen. Das bedeutet, dass der Erblasser eine genaue Anordnung über die Aufteilung seines Vermögens trifft.
Diese Gestaltung birgt jedoch erhebliche Gefahren.
Hintergrund ist, dass bei einer Erbeinsetzung von mehreren Erben, die zu gleichen Teilen erben sollen, eine angeordnete Aufteilung des Vermögens Zahlungsansprüche auslösen kann.
Wird ein Testament so gestaltet, dass eine so genannte Teilungsanordnung (Zuordnung von Vermögensgegenständen zu den einzelnen Erben) ohne weitere Kommentierung aufgenommen wird, muss jeder Vermögensgegenstand, den ein Erbe erhält, bewertet werden.
Dann muss verglichen werden, ob unter Umständen ein Erbe insgesamt einen höheren Vermögenswert erhalten hat als der andere. Ist dies der Fall muss eine Ausgleichszahlung erfolgen.
Deshalb birgt eine Teilungsanordnung stets die Gefahr, dass Zahlungsansprüche ausgelöst werden, die vom Erblasser nicht gewollt sind.
Es ist deshalb wichtig, bei einer Teilungsanordnung auch auf die Bewertung der Gegenstände und die vorgestellten Erbquoten zu achten.
Ggf. muss dafür Sorge getragen werden, dass die als Erben berufenen Personen nicht als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt werden.
Man versteht hierunter eine Erbeinsetzung nach Bruchteilen.
Dennoch bietet die Teilungsanorndung zahlreiche Gefahren und ist deshalb vorsichtig und sorgfältig zu handhaben. Insbesondere auch deshalb, weil sehr oft Vermögensgegenstände übersehen und vergessen werden, so dass sich dann hieraus auch Unklarheiten bei der Auslegung eines Testamentes ergeben können.
j) Testamentsvollstreckung
Wenn mehrerer Personen eines Erben berufen werden, steht Ihnen die Verwaltung des Nachlassvermögens gemeinsam zu. Dies bedeutet, dass z. B. jede Banküberweisung von allen Erben unterzeichnet werden muss.
Auch für die Auseinandersetzung des Nachlasses müssen sich die Erben nicht nur inhaltlich einigen, sondern auch formal bei allen notwendigen Schritten mitwirken. Wenn z. B. Bankkonten aufgelöst werden oder Immobilienvermögen übertragen werden soll, müssen stets alles Erben unterzeichnen bzw. zu den entsprechenden Terminen erscheinen.
Im Fall von Konflikten kann die Verwaltung und Abwicklung des Nachlassvermögens deshalb sperrig sein.
Zur Vereinfachung kann deshalb ein Testamentsvollstrecker berufen werden. Testamentsvollstrecker ist der Herr des Nachlasses.
Auch wenn die Erben diejenigen sind, denen das Nachlassvermögen zusteht, können Sie selbst hierauf nicht zugreifen. Der Testamentsvollstrecker ist derjenige, der allein die Verfügungsbefugnis über den gesamten Nachlass hat. Er ist in der Position eines Treuhänders bzw. Verwalters.
Die gesamte Abwicklung des Nachlasses, kann hierdurch vereinfacht werden.
Wenn der Testamentsvollstrecker lediglich die Auseinandersetzung überwachen und organisieren soll spricht man von einer Abwicklungsvollstreckung.
Es besteht aber auch die Möglichkeit, das Vermögen dauerhaft der Testamentsvollstreckung zu unterwerfen.
Der Testamentsvollstrecker kann für maximal 30 Jahre berufen werden und verwaltet dann den Nachlass.
Welche Aufgaben er konkret hat, ist im Testament zu regeln. Dies Form der Testamentsvollstreckung wird Dauervollstreckung genannt.
Gerade wenn minderjährige Kinder in die Erbenstellung nachrücken, kann es sinnvoll sein einen Testamentsvollstrecker einzusetzen. Dieser wacht dann über das Vermögen und die minderjährigen Kinder können nur nach den Vorgaben des Testaments auf das Nachlassvermögen zugreifen.
Es kann durchaus sinnvoll sein, gerade bei größeren Geldbeträgen oder anderen Vermögensgegenständen, den Kindern nicht bereits mit dem 18. Lebensjahr den Zugriff auf das Nachlassvermögen zu ermöglichen, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt.
In bestimmten familiären Situationen ist auch gewollt, dass nicht zwingend die Eltern der minderjährigen Kinder Zugriff auf das Nachlassvermögen haben, sondern eine andere Person über das Vermögen wachen soll.
Es sind hier viele Varianten denkbar, so dass eine individuelle Anpassung der Testamentsvollstreckung an die persönlichen Wünsche möglich ist.
Die Testamentsvollstreckung kann auch von einem der Erben ausgeübt werden.
Häufig werden jedoch Steuerberater und Rechtsanwälte zum Testamentsvollstrecker berufen, da sie die erforderlichen juristischen Fachkenntnisse haben.
Die Testamentsvollstreckung ist in jedem Fall eine vergütungspflichtige Tätigkeit. Auch hier kann im Testament eine diesbezügliche Anordnung getroffen werden.
5. Formale Gestaltungsmöglichkeiten
a) Handschriftliches Testament
Ein Testament kann privat errichtet werden. Es muss handschriftlich abgefasst und unterschrieben werden.
Die Versehung mit einem Datum ist zwar keine Pflicht, sollte jedoch in jedem Falle erfolgen. Gerade wenn mehrere Testamente über längere Zeiträume hinweg errichtet werden, kann das
Fehlen eines Datums bei einer der letztwilligen Verfügungen Probleme aufwerfen.
Ein Solches privates Testament kann jederzeit handschriftlich widerrufen oder abgeändert werden. Widerruf und Änderung müssen aber ebenfalls handschriftlich erfolgen, unterschrieben werden und mit einem Datum versehen werden, da sich anderenfalls hieraus Risiken ergeben können. Insofern ist es regelmäßig ratsam, im Falle von Testamentsänderungen, wie auch im Falle eines Widerrufs, gleichzeitig ein neues Testament zu errichten.
b) Erbvertrag
Letztwillige Verfügungen können auch in vertraglicher Form errichtet werden. Ein solcher Vertrag muss notariell beurkundet werden.
Die Besonderheit eines Erbvertrages besteht darin, dass der verfügende Erblasser und die bedachten Erben bei einem solchen Vertrag zugegen sind.
Inhaltliche Änderungen sind nur noch unter strengen Voraussetzungen in Betracht. Insoweit ist der Erbvertrag einerseits ein geeignetes Instrument erbrechtlich für Klarheit und Rechtssicherheit zu sorgen; andererseits schränkt er die Testierfreiheit des Erblassers ein.
c) Berliner Testament
Für Ehegatten besteht die Möglichkeit ein Berliner Testament zu errichten.
Es ist eine Formerleichterung.
Das Testament, das handschriftlich zu erstellen und zu unterschreiben ist wird beim Berliner Testament lediglich von einem Ehegatten geschrieben. Beide Ehegatten unterschreiben dann. Inhaltlich erklären beide Ehegatten gemeinsam ihren letzten Willen.
Damit ist das Berliner Testament zunächst eine formale Erleichterung.
Die Folge des Berliner Testamentes ist jedoch die sog. Bindungswirkung.
Somit kann das Testament zu Lebzeiten beider Ehegatten nur noch gemeinschaftlich geändert werden. Alternativ muss ein Ehegatte dem anderen in nachweisbarer Form den Widerruf des Berliner Testamentes erklären.
Sollten die Voraussetzungen nicht vorliegen, wäre ein späteres Testament, das nach dem Berliner Testament errichtet wurde unwirksam.
Darüber hinaus kann ein Berliner Testament nach dem Versterben eines Ehegatten nicht mehr abgeändert werden.
Dem kann nur durch eine Öffnungsklausel abgeholfen werden. Dies bedeutet, dass in dem Testament ausdrücklich bestimmt wird, dass der länger lebende Ehegatte zum späteren Zeitpunkt ein Testament errichten kann.
Ob dies sinnvoll ist, kann grundsätzlich nicht beantwortet werden, sondern kommt auf den Einzelfall an.